Ganz ehrlich: Ich weiß es selbst nicht so ganz genau, was der Wahn ist. Und ich vermute, wir Künstler und Philosophen, sowohl Frauen als auch Männer, kämen vermutlich zu ganz anderen Feststellungen als die Neurowissenschaft und die Medizin. (WAHN auf Wikipedia)
Ich würde vom Wahn dann sprechen, wenn wir, von der Muse gnädig geküsst, nicht nur eine Idee haben, sondern von einer Idee restlos besessen und begeistert sind. So dass wir gar nicht anders können, als dieser Idee nachzugehen und nachzujagen.
Dabei kann der Wahn durchaus sinnvoll sein. Oder er ist es eben nicht. Das gibt es ja auch. Dann müssen wir eben – der Wahn zwingt uns – der sinnlosesten Idee, die wir uns nur vorstellen können, nachgehen. Bedingungslos.
Süßer Wahn und bitterer Wahn
Wenn Du auch künstlerisch lebst – ganz unabhängig von Deinen bisherigen gesellschaftlichen Erfolgen – wirst Du beide Pole des Wahns, den süßen Wahn aber auch den bitteren Wahn, wohl kennen.
Im einen Fall darfst Du mit Deiner Idee erblühen und sie beflügelt Dich, macht Dich glücklich.
Im anderen Fall musst Du Deiner Idee einfach nachgehen, aber nicht weil Du das wirklich willst oder weil Dich das glücklich machen würde. Sondern Du musst Deiner Idee aus dem einzigen Grund nachgehen, weil Du das eben tun musst. Zwanghaft! Wie vom Teufel getrieben.
Und auch hier spielt die Frage, die ja sonst unser Leben bestimmt: Ist es sinnvoll oder nicht? keine Rolle.
Lob des Wahns?
Ob das, wozu der Wahn uns treibt, sinnvoll ist oder nicht, ob er uns glücklich macht oder nicht – all das ist für den Wahn ohne Bedeutung. Wozu uns der Wahn aber ermutigt oder antreibt, ist, dass wir auf die eine oder andere Weise produktiv werden. Dass wir etwas tun. Weil wir es tun müssen. Weil wir es tun wollen. Und weil wir es tun können.
Oft genug erkennen wir dann erst am Ende des Wegs, wozu wir getrieben wurden. Und oft genug dürfen wir dann auch feststellen, dass es gar keine so schlechte Entwicklung war, die wir vorantrieben.
All das, die ganze Kreativität und Produktivität wäre ohne den Irrsinn Wahn nicht möglich gewesen. Und wenigstens dafür wollen wir ihn dann doch auch ein bisschen loben! Oder?
Neben all dem Müll, der existiert, ist er schließlich auch verantwortlich für alles Gute, das wir haben.
…
